Stadt Chemnitz Titelbild

Wie Chemnitz, Kulturhauptstadt Europas 2025, hunderte Projekte für die Digitale Agenda mit OpenProject umsetzt

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Kulturhauptstadt Europas wird nicht jeder. Seit 1985 verleiht die Europäische Union diesen Titel an Städte, deren Bewerbungen in sechs Kriterien eines mehrjährigen Auswahlverfahrens zu überzeugen wussten. Dazu gehören Langzeitstrategie, Europäische Dimension, kulturelle und künstlerische Inhalte, aber auch Umsetzungsfähigkeit, das erfolgreiche Einbinden von Gesellschaft und Verwaltung.

Wer das schafft, beweist durchaus, dass man in der Lage ist, größte und komplexeste Projekte zu managen und das sächsische Chemnitz hat das geschafft: 2025 trägt Chemnitz stolz den Titel „Kulturhauptstadt Europas“, begleitet von einer langen Liste an Veranstaltungen.

Raus aus den Silos – eine Single Source of Truth muss her

Für die Digitalisierung in Chemnitz ist Sachgebietsleiter Alexander Hoffmann zuständig. Hoffmann stammt aus dem IT-Projektmanagement, war ursprünglich als klassischer Projektleiter (IT) ausgebildet, hat aber dann später auch den Schwenk zum Agilen Projektmanagement unternommen und legt viel Wert darauf, die zur Aufgabe passenden Ansätze und Werkzeuge zu verwenden. „Der Mehrwert liegt doch auf der Prozessebene“, erklärt er. Vor vielen Jahren hat er die Aufgabe übernommen, in der IT der Stadt Chemnitz ein Projektmanagement aufzubauen. Es gab sehr viele Projekte, die umgesetzt werden mussten – und dazu mussten wir raus aus den Silos.“ Und da kam OpenProject gerade recht. „Hoffmann kannte die Software bereits und steht auch in engem Austausch mit dem Klinikum Chemnitz, das ebenfalls OpenProject nutzt.“

Alexander HoffmannAlexander Hoffmann ist Sachgebietsleiter Digitalisierung und Entwicklung im Amt für Informationsverarbeitung der Stadt Chemnitz

Die wichtigste Motivation für das Projektmanagement in OpenProject ist auch, die Digitalisierung der Stadt Chemnitz intern und extern zu fördern und auch die Plattform für andere kommunale Projekte bereitzustellen. B. Bürgertreffen oder Bauvorhaben der Stadt Chemnitz. Dafür betreibt Chemnitz eine selbstgehostete Instanz von OpenProject, inhouse und komplett im Stadtnetz. 2500 potenzielle Anwender könnten sich anmelden und damit arbeiten, es ist auch geplant, die Software für externe Partner anzubieten und mit Nextcloud zu verbinden. Dabei ist man auch in Sachen Open Source nicht ideologisch, sondern sehr pragmatisch unterwegs. Chemnitz nutzt auch noch um die 200 MS Project Lizenzen, von denen wohl dauerhaft etwa hundert bleiben werden. Aber das folgt keiner Ideologie. „Wenn wir die Anzahl halbieren, haben wir die Kosten für OpenProject wieder reingeholt“, freut sich Hoffmann.

Open Source hat eine niedrigere Eintrittshürde

Open Source als Wert an sich spielt auch in Chemnitz immer mehr eine Rolle als Entscheidungsfaktor. „Wenn wir Open Source Software nutzen können, dann verbinden wir zwei Chancen miteinander: Die Eintrittshürde ist niedriger, wir können Software testen und evaluieren, ohne Berater, Ausschreibungen und Gedanken über den Erwerb von Lizenzen. Schon wegen dieser Flexibilität lohnt es sich für uns, zunehmend auf Open Source Software zu setzen.“ Und dass die IT-Architekturen bei OSS von Anfang an transparent und nachvollziehbar sind, spielt auch eine große Rolle. „Wir prüfen bei allen Anschaffungen immer erst einmal, Open Source Möglichkeiten gibt, das ist der erster Schritt bei allen Querschnittsanwendungen, eben auch dem Projektmanagement. Das ist auch eine Frage der Sicherheit“, bestätigt Hoffmann. „Und dass wir freie Softwarelösungen stets so einsetzen können wie wir wollen, spielt auch eine Rolle. Selbst gehostet muss es schon sein, in vielen Fällen kommen fremdgehostete Clouds nicht (mehr) in Frage.“

Umsetzung der Digitalen Agenda in Chemnitz

Damit ist Chemnitz nicht allein, auch die Themen der Digitalen Agenda, etwa das Online-Zugangsgesetz (OZG) oder die E-Akte und wie Zugänge für Bürger und Beteiligte praktisch herzustellen sind, all das beschäftigt Hoffmann tagein tagaus. „Jede E-Akte, die wir einführen ist ein Projekt, in einer klar definierten Baumstruktur. Dabei ist die „Digitale Agenda“ das übergeordnetes Element in OpenProject und jede Säule ein Unterprojekt.

“Fahrplan” für die digitalen Programme der Stadt Chemnitz

*Bildquelle: Stadt Chemnitz, “Fahrplan” für die digitalen Programme

OpenProject eignet sich dafür sehr gut, wir können darüber auch direkt die Verwaltungsspitze informieren. Diese bekommt schnell und unkompliziert einen aktuellen Status, ohne dass wir extra Berichte schreiben müssen.“ Bürgermeister, die direkt im Projektmanagement mitlesen können klingt ungewöhnlich, und natürlich „bereiten wir die Ansichten für die Entscheidungsträger vor, aber seit wir das haben, ist das eine extreme Arbeitserleichterung.“

Projektvorlagen reduzieren Arbeitsaufwand auf ein Fünftel

Damit die Umsetzung dieser ambitionierten Ziele funktioniert, hat man Projektleiter die die Projekte pflegen und Status aktuell halten. Projektvorlagen in OpenProject (z.B. für die E-Datei) helfen den Aufwand für neue Projekte bei der Planung auf 20% zu reduzieren. Chemnitz nutzt dafür Projekt-Templates Checklisten, Wiki-Artikel und mehr in OpenProject, sodass ein Projektmanager nur noch den Projektplan adaptieren muss.

Project Template E-Akte in OpenProject von der Stadt Chemnitz

Bildquelle: Stadt Chemnitz, Projekt-Template E-Akte in OpenProject

„Das aufsetzen neuer Projekte ist eine Sache weniger Stunden, und es schafft den Freiraum, dass sich die Projektmanager wieder auf die Leitung der Teams und Projekte konzentrieren können. Jeder ist froh wenn man sich einige der repititiven Aufgaben erspart“, erzählt Hofmann.

Beispielaufgabe in OpenProject von Stadt Chemnitz

Bildquelle: Stadt Chemnitz, Beispielaufgabe aus dem Projekt-Template E-Akte in OpenProject

Chemnitz betreibt zwar auch ein separates Wiki, für alle projektspezifischen Inhalte kommt aber das Wiki in OpenProject zum Einsatz. Auch der Zeiterfassung bedient man sich, aber nur im Sinne einer Gesamtzeiterfassung, also geschätzt für Projekte, mit einem Soll/Ist-Vergleich für grobe Ressourcenplanung und die Personalbedarfsplanung. Auch Meetings finden im OpenProject statt, „da dient den vielen Beteiligten das Projektmanagement als Single Source of Truth.“

Wasserfall und agil: Ein hybrider Ansatz

Chemnitz kombiniert für die Projektarbeit klassisches Projektmanagement mit agilen Methoden. In den Projekten werden Boards und Tasks eingesetzt, auch wenn „die Projekte der Digitalen Agenda meist klassisch organisiert sind, werden Entwicklungsaufgaben agil mit Backlogs, Roadmaps, Sprints, Sprint Planning etc. umgesetzt. Wir nutzen beide Ansätze, auch hybrid“, erklärt der Sachgebietsleiter. „Dabei nutzen nicht immer alle Mitarbeiter alle Möglichkeiten, die wir und die Software bieten, müssen sie auch nicht. Wir haben das Backlogsmodul, doch nicht jeder braucht die Burn-Down und Burn-Up-Charts, Story-Points, manchmal verhindern auch die Mitarbeiterrechte einige Ansätze, etwa wenn dadurch Leistungskontrolle und Überwachung möglich wären. Aber mit den Basics, wie etwa Epics und Co arbeiten wir sehr viel.“

Konfigurierbar bis in die Details

Die Verwaltung der Kulturhauptstadt Europas ist innovativ: Sie definiert ihre eigenen Projekttypen und nutzt zunehmend die Projektlisten in OpenProject. Die Entwickler von OpenProject arbeiten mittlerweile an Projektphasen, ein Werkzeug, das Chemnitz in seinen Standardplänen aktuell via Aufgaben, Meilensteinen löst und damit automatisch den Zeitstrahl befüllt. Der zeigt dann fast automatisch „gefährdete“ Projekte oder erweiterte Attribute an, beispielsweise Kriterien wie „Das hier ist ein wichtiges Infrastrukturprojekt“. In einem aktuellen Vorhaben führen die Chemnitzer gerade einen neuen Arbeitspakettyp „Vorhaben“ ein – möglich ist das auch wegen der flexiblen Open-Source-Natur der Software.

Hunderte Projekte bei der Arbeit

Derzeit sind in Chemnitz 345 Projekte in der Planung, ca. 116 davon gerade aktiv, von denen wieder etwa 60 Prozent Digitalisierungsprojekte sind. Fast den gesamten Rest machen andere IT-Projekte aus. . „Gerade die Digitale Agenda hat bei uns für einen enormen Anstieg an Projekten gesorgt. Viele Vorhaben sind erst mal nur benannt. Mit kurzer Überschrift und Klassifikation versehen und müssen erst noch den Prozess durchlaufen, um ein echtes ‚Projekt’ zu werden“. Erst wenn die Akteure und Meilensteine und alles andere definiert sind, werden sie als Projekte in OpenProject angelegt. Früher hielt man all das in Excel vor, heute sind die Vorhaben bereits per Link im OpenProject vorhanden und warten darauf, ein Projekt zu werden. „Die vielen notwendigen Haushaltsvorgänge vorher machen das notwendig – und die können wir noch nicht sauber im System abbilden. Aber wir sind guter Hoffnung, das irgendwann auch mit einem Arbeitspakettyp ‚Vorhaben‘ abzubilden.“

Open Source ist flexibler als die proprietäre Konkurrenz

Die bewusste Entscheidung, Projektvorlagen für fast alle Projekttypen zu verwenden, macht den Mitarbeitern und Planern den Alltag leichter. „Es ist jetzt auch eine ganz bewusste und nachvollziehbare Entscheidung, wann so ein Arbeitspakettyp zum Projekt wird.“ Ist das soweit, wird beispielsweise auch gleich der Projektleiter bestimmt. „Für das Ganze haben wir zwei Ansichten: Zum einen die IT-Projekt-Planung mit Arbeitspaketansicht ‚Vorhaben‘ und die Projektliste selbst. Damit können wir agile und klassische Projekte mischen – das ist unbezahlbar flexibel, ganz und gar nicht wie das enge Korsett, das uns die proprietäre Konkurrenz auflegte.“

Mit OpenProject hat Chemnitz nicht nur das richtige Werkzeug gefunden, um hunderte von Projekten effizient zu verwalten, sondern auch eine nachhaltige Grundlage für zukünftige Zusammenarbeit und Innovation geschaffen. Durch die Integration der Open Source Projektmanagementsoftware in ihre digitale Strategie beweist die Stadt, dass Transparenz, Flexibilität und Unabhängigkeit der Schlüssel zum erfolgreichen Management der Digitalen Agenda und der Kulturhauptstadt Europas 2025 sind.